News Regio Basiliensis
20.11.2023
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil X
Der Verein Regio Basiliensis feiert in diesem Jahr sein 60. Jubiläum. Ein guter Grund, um mit Ihnen auf die wichtigsten Meilensteine der trinationalen Zusammenarbeit am Oberrhein der letzten 60 Jahre zurückzublicken. Sie zeigen, dass die Regio-Idee auch noch heute ausgesprochen lebendig und notwendig ist. Der zehnte Beitrag widmet sich dem Trinationalen Eurodistrict Basel (TEB), der die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gemeinden und lokalen Akteuren fördert.
Der grenzüberschreitende Grossraum Basel bekommt eine politische Struktur
Als der französische Präsident Jacques Chirac und der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder anlässlich des 40. Jahrestags des Elysée-Vertrages vom 22. Januar 2003 zur Schaffung von Eurodistricten aufriefen, konnte man im Dreiland schon auf Bestehendes zurückgreifen. Im Jahr 1995 hatten Politiker und Planer auf einem Rheinschiff die Vision einer «Zukunft zu dritt» entworfen und die Planungsorganisation «Verein Trinationale Agglomeration Basel» (TAB) ins Leben gerufen, die auch schon planerische Schlüsselprojekte umsetzte. Nachdem die deutsch-französisch-schweizerische Regierungskommission – das nationalstaatliche Dach der Oberrheinkonferenz – am 4. November 2005 in Berlin dem Vorhaben und dem Einbezug des Nicht-EU-Mitglieds Schweiz zugestimmt hatte, stand einer Realisierung nichts mehr im Wege. Aus dem TAB ging gemeinsam mit der Nachbarschaftskonferenz – ein loser Zusammenschluss von lokalen Volksvertreterinnen und -vertreter – am 26. Januar 2007 der Trinationale Eurodistrict Basel (TEB) hervor. Die TAB-Statuten bildeten dann auch die Grundlage des TEB. Die Nachbarschaftskonferenz wurde als Districtsrat zur parlamentarischen Versammlung des Eurodistricts umgewandelt. Die neue Struktur des Eurodistricts wurde zudem mit der Beratungsstelle INFOBEST PALMRAIN an der Palmrain-Brücke im gleichen Gebäude untergebracht. Somit wurden parallele Strukturen, die bisher in der trinationalen Agglomeration existierten, verstärkt koordiniert.
Auch in den Nachbarregionen wurden Eurodistricte gegründet: 2005 der Eurodistrict Strasbourg-Ortenau, 2006 folgte der Eurodistrict Region Freiburg/Centre et Sud Alsace. Nur der heutige Eurodistrict REGIO PAMINA hatte sich nach dem Karlsruher Abkommen bereits 2000 als Grenzüberschreitender örtlicher Zweckverband REGIO PARMINA formiert.
Mit der Gründung des TEB wurde ein wichtiger Meilenstein in der grenzüberschreitenden regionalen Zusammenarbeit erreicht. Der Grossraum Basel mit seinen über 900‘000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die in drei Ländern und in der Schweiz in vier Kantonen wohnen, erhielt damit erstmals eine umfassende politische Struktur und somit ein «eigenes Gesicht». Seine Aufgabe ist es, die Zusammenarbeit von Gemeinden und lokalen Akteuren in der Agglomeration Basel über die Grenzen zu fördern.
Die IKRB bündelt Interessen und schafft Synergien zu anderen Gremien am Oberrhein
Im Auftrag der Nordwestschweizer Kantone begleitete die Interkantonale Koordinationsstelle bei der Regio Basiliensis (IKRB) die Gründungsvorbereitungen des Trinationalen Eurodistricts Basel. Sie wirkt seither in der Fachlichen Koordinationsgruppe des TEB mit, die die Beschlüsse des Vorstands vorbereitet und die Arbeit der TEB-Geschäftsstelle begleitet. Dabei bündelt und koordiniert sie die Interessen der Kantonsvertreterinnen und -vertreter in der Schweizer Delegation und nimmt unter anderem an den TEB-Vorstandssitzungen und den Plenarsitzungen des Districtsrats teil. Durch den Informationsaustausch sorgt sie dafür, dass alle grenzüberschreitenden Gremien voneinander profitieren können. Sie schafft Synergien und bewirkt, dass sich die unterschiedlichen Gremien in ihrer Arbeit ergänzen.
Projekte der Zivilgesellschaft fördern und Bürgernähe erreichen
Seit 2007 begleitet der TEB grosse Projekte im Bereich Raumplanung, Mobilität oder Tourismus, so beispielsweise, das trinationale Städtebauprojekt 3Land oder auch die IBA-Basel 2020. Persönliche Begegnungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern sind jedoch auch ein wichtiger Motor der Integration. So riefen die TEB-Mitglieder 2015 zum Beispiel einen Begegnungsfonds ins Leben, der grenzüberschreitend den Austausch der Zivilgesellschaft fördert. Ob ein Konzert, ein Sportturnier oder ein Fest am Rhein – der Begegnungsfonds bringt Menschen aller Altersstufen aus dem Dreiland zusammen. So 2017 beim Projekt «Road Runner». Hier fuhren 100 Französinnen und Franzosen, Deutsche und Schweizerinnen und Schweizer mit einem Bus zu Konzerten regionaler Musikgruppen im Dreiland und lernten die Region neu kennen.
Auch mit dem Kleinprojekteaufruf im Rahmen von des EU-Förderprogramms Interreg V Oberrhein ermöglichte der TEB bi- und trinationale Projekte der Zivilgesellschaft. Im TEB-Gebiet wurden im Zeitraum von 2017 bis 2021 zehn Kleinprojekte erfolgreich umgesetzt. Bei einem Kochworkshop erstellten Kinder und Seniorinnen und Senioren aus der Schweiz und Frankreich ein gemeinsames Kochwörterbuch und bei einem Volksfest feierten Einwohnerinnen und Einwohner der Region das 10-jährige Bestehen der Dreiländerbrücke. Eine Neuauflage der Kleinprojekteförderung für die aktuelle Förderperiode Interreg VI wird angestrebt.
Die TEB-Strategie 2030 bezieht Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ein
Bei der Vorbereitung der 2021 verabschiedeten TEB-Strategie 2030 wurden Bürgerinnen und Bürger der Grenzregion befragt. Ergänzend dazu organisierte der TEB gemeinsam mit dem Euro-Institut und der Mission opérationnelle transfrontalière (MOT) drei Bürgerwerkstätten und ein Bürgerforum. So konnten sie Hindernisse aufzeigen, die ihnen in ihrem Alltag begegnen, ihre Wünsche für die zukünftige Entwicklung der Region äussern und konkrete Projektideen vorschlagen. Die Antworten der 1’200 Befragten gaben dem TEB gute Hinweise für seine Strategie. So wünschten sich die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger eine engere Zusammenarbeit in vielen verschiedenen Bereichen, zum Beispiel in der Verkehrsplanung, beim Umweltschutz, bei gemeinsamen Veranstaltungen und Festen. Auch brachten sie viele Ideen und Vorschläge ein.
Bürgerbeteiligung und Bürgernähe sind ein entscheidendes Element für die Zusammenarbeit am Oberrhein. Denn sie vermitteln den Menschen den Mehrwert der trinationalen Zusammenarbeit auf direktem Wege.
Textquellen: Publikationen der Regio Basiliensis und Weber, Martin/Jakob, Eric/Regio Basiliensis (Hg.): Die Regio-Idee. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region Basel, 1. Auflage, Basel 2013.
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil I: Die Gründung der Regio Basiliensis und der IKRB
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil II: Die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG)
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil III: Der Regio-Gipfel in Basel 1989
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IV: Die Einführung von Interreg
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil V: Die Deutsch-französisch-schweizerische Oberrheinkonferenz
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VI: Die INFOBEST PALMRAIN
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VII: Das Karlsruher Abkommen
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VIII: Die trinationale S-Bahn
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IX: Die Beziehungen Schweiz-EU
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil XI: Die Beteiligung der jungen Generation