News Regio Basiliensis

25.01.2023

Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil I

Der Verein Regio Basiliensis feiert in diesem Jahr sein 60. Jubiläum. Ein guter Grund, um mit Ihnen auf die wichtigsten Meilensteine der trinationalen Zusammenarbeit am Oberrhein der letzten 60 Jahre zurückzublicken. Sie zeigen, dass die Regio-Idee auch noch heute ausgesprochen lebendig und notwendig ist. Im ersten Beitrag widmen wir uns der Gründung der Regio Basiliensis und der IKRB – beides Impulsgeber für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Die «Regio-Idee»

In einem Gastbeitrag der «Basler Nachrichten» vom September 1961 stellte der Regio-Pionier und später erster Geschäftsführer der Regio Basiliensis, Hans J. Briner, die provokative Frage: «Wird Basel eine Provinzstadt?» Er rief Basel dazu auf, die Region nicht zu vergessen und die Chancen des gesamten Raumes zu nutzen. Er schlug vor, ein «Entwicklungsgremium» zu gründen, das etwas übernehmen sollte, was die damals bestehenden Fach- und Behördengremien nicht leisten konnten: eine langfristige und weitsichtige Zukunftsplanung – nicht nur für die eigentliche Stadt Basel, sondern für das ganze Gebiet rund um Basel, das vom Jura über den Schwarzwald, bis zu den Vogesen und bis weit in die oberrheinische Tiefebene reiche. Der Kern der «Regio-Idee» war hiermit formuliert. 

Die Vereinsgründung 1963

Briner, sein Parteifreund Andreas Speiser, Wirtschaftsanwalt Peter Gloor, späterer Präsident der Regio Basiliensis, und Samuel Schweizer, Präsident des Schweizerischen Bankvereins (SBV), entwickelten diesen Gedanken in verschiedenen Treffen weiter. In kurzer Zeit gelang es ihnen, Basler Persönlichkeiten für diese Idee zu gewinnen. Schon im Januar 1962 wurde bei einem Gespräch in der «Schlüsselzunft» ein grundlegendes «Arbeitspapier» verfasst. Das Treffen gilt als Initialzündung für die Gründung der «Arbeitsgruppe Regio Basiliensis», die schliesslich am 25. Februar 1963 erfolgte.

Zur Finanzierung gelang es, Mittel aus der Privatwirtschaft zu beschaffen. Noch vor Ende 1963 wurde eine Fördergesellschaft gegründet, die Samuel Schweizer präsidierte. Ihre Aufgabe war vor allem die Arbeitsgruppe Regio Basiliensis «moralisch und finanziell» zu unterstützen. Die Verzahnung der beiden Gesellschaften gelang im sogenannten «Komitee», das ebenfalls am 25. Februar 1963 gegründet worden war und in dem Vertreter beider Gesellschaften Einsitz nahmen.

Anfragen zur Unterstützung richteten sich von Anfang an die Wirtschaft und an die beiden Basler Kantone. Die Komplementarität von Staat und Privatinitiative, dass die Regio Basiliensis noch heute kennzeichnet, war somit von Anfang an gegeben.

Neuanfang für Frieden und Verständigung

Nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs begegneten sich die Menschen in der Region noch mit Misstrauen. So bot Briners «Regio-Idee» zugleich die Chance, für Begegnung, Austausch und Verständigung. Das Jahr 1963 wurde Neuanfang und Wendepunkt in mehrfacher Hinsicht. Neben der Vereinsgründung im Februar 1963, die noch vor dem Beitritt der Schweiz zum Europarat im Mai 1963 erfolgte, setzen Deutschland und Frankreich im Januar 1963 mit dem deutsch-französischen Freundschaftsvertrag (Elysée-Vertrag) ebenfalls ein Zeichen für Verständigung und Zusammenarbeit.

Regionalplanung grenzüberschreitend denken

Die Idee lanciert zu haben, Regionalplanung grenzüberschreitend zu denken und zu realisieren, ist zweifelsohne ein Verdienst der Regio Basiliensis. Diese setzte bereits 1965 mit einer vielbeachteten Internationalen Regio-Planertagung einen wichtigen Impuls. Gleichzeitig setzte man sich mit der Idee eines «Europas der Regionen» auseinander.

Regionalplanung wird institutionalisiert: Die Schaffung der Internationalen Koordinationsstelle der Regio (IKS) 1970

Der Durchbruch des Regio-Gedankens auf politischer Ebene wurde sichtbar, als die Basler Kantone der Regio Basiliensis 1970 im Rahmen eines Staatsvertrages Koordinierungsaufgaben im Hinblick auf die Regionalplanung übertrugen. Mit der Schaffung der «Internationalen Koordinationsstelle der Regio» (IKS), die dem Verein angegliedert wurde, wurde erstmalig eine Regionalplanungskoordination in der Nordwestschweiz institutionalisiert. Sie sollte die Organe der Regionalplanung und der staatlichen Planungsstellen bei Aufgaben unterstützen, die sich aus dem schweizerischen Teil der Region Basel über die Landesgrenzen hinweg ergaben. Die Einbindung der IKS erfolgte durch die Einsitznahme der Regio Basiliensis in der Regionalplanungskommission. Im Laufe der Zeit unterstütze sie die Kantone bei weiteren informellen Abstimmungsprozessen in der Region. Das Kürzel wurde später in Interkantonale Koordinationsstelle der Regio Basiliensis geändert, beziehungsweise im Zuge des späteren Beitritts der Kantone Aargau, Jura und Solothurn ergänzt zur Interkantonale Koordinationsstelle bei der Regio Basiliensis (IKRB). Noch heute stimmt sie die Anliegen der Nordwestschweizer Kantone auf technischer Ebene ab und bringt die Ergebnisse in den grenzüberschreitenden Gremien ein. Gleichzeitig koordiniert die IKRB im Auftrag der Eidgenossenschaft und der Kantone die Mittel der Neuen Regionalpolitik (NRP) für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Vorbild für Zusammenarbeit und Verständigung

Die Idee des Oberrheins als europäische Grenzregion wurde mit der Vereinsgründung erstmals gefordert. Noch heute ist diese Idee Kompass für die Arbeit der Regio Basiliensis. Die Regio-Pioniere der ersten Stunde haben mit der Gründung der Regio Basiliensis und der IKRB sowie mit der Initiierung der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG) 1971 zukunftsweisend dafür gesorgt, dass die Nordwestschweiz in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit die Rolle spielt, die sie heute hat. Auch schufen sie die Grundlage dafür, dass – mit Beteiligung der Kantone und der Eidgenossenschaft – Schweizerinnen und Schweizer der Nordwestschweiz von Beginn im Jahr 1990 an den Interreg-Förderprogrammen teilnehmen und so gemeinsame Projekte realisiert werden können.

Mit ihrer Initiative, die Regio Basiliensis zu gründen, haben sich die Schweizer Regio-Pioniere zugleich langfristig für grenzüberschreitenden Frieden und Verständigung im Dreiland eingesetzt. Dieses Modell von Versöhnung und Kooperation dient mittlerweile als Vorbild für Delegationen aus dem Nahen Osten, Afrika und Asien.

Foto: Regio-Lunch, das wöchentliche Treffen der damaligen Arbeitsgruppe, zu Beginn der 1980er Jahre. Quelle: Regio Basiliensis. 
Textquellen: Publikationen der Regio Basiliensis und Weber, Martin/Jakob, Eric/Regio Basiliensis (Hg.): Die Regio-Idee. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region Basel, 1. Auflage, Basel 2013. 

Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil II: Die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG)
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil III: Der Regio-Gipfel in Basel 1989
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IV: Die Einführung von Interreg
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil V: Die deutsch-französisch-schweizerische Oberrheinkonferenz
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VI: Die INFOBEST PALMRAIN
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VII: Das Karlsruher Abkommen
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VIII: Die trinationale S-Bahn
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IX: Die Beziehungen Schweiz-EU
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil X: Der Trinationale Eurodistrict Basel (TEB)
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil XI: Die Beteiligung der jungen Generation

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