News Regio Basiliensis
30.08.2023
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VII
Der Verein Regio Basiliensis feiert in diesem Jahr sein 60. Jubiläum – ein guter Grund, um mit Ihnen auf die wichtigsten Meilensteine der Oberrheinkooperation der letzten 60 Jahre zurückzublicken. Sie setzen Schlaglichter auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Oberrhein, reflektieren ihre Bedeutung für die Gegenwart und zeigen, dass die Regio-Idee auch noch heute ausgesprochen lebendig ist. Der siebte Beitrag widmet sich dem Karlsruher Abkommen, welches die Zusammenarbeit erleichterte und Grenzregionen stärkte.
Ein Staatsvertrag, der Rechtsgrundlagen schafft
Das sogenannte «Karlsruher Abkommen» vom 23. Januar 1996 ist ein Staatsvertrag zwischen Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Luxemburg. Er erlaubt den lokalen Gebietskörperschaften und Kommunen, selbständig über die Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und Aufgaben auf verschiedenen Gebieten der Daseinsvorsorge gemeinsam und grenzüberschreitend zu erledigen.
Die Region am Oberrhein erhielt mit diesem Abkommen eine zusätzliche Legitimation in der Aussenpolitik. Von Bedeutung war dies vor allem für die französischen Akteure, die aufgrund fehlender föderaler Strukturen bis dahin nicht eigenständig über grenzüberschreitende Vorhaben entscheiden konnten. Herzstück des Abkommens ist der sogenannte Grenzüberschreitende örtliche Zweckverband (GÖZ), der neue Formen der institutionalisierten kommunalen Zusammenarbeit erlaubt.
Das Abkommen geht auf eine Initiative der Oberrheinkonferenz zurück. Sie unterbreitete den Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Luxemburgs sowie dem Schweizerischen Bundesrat im Namen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura und Solothurn, den Vorschlag, Verhandlungen über ein Abkommen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen aufzunehmen. Es ist hervorzuheben, dass die Schweiz als Nichtmitglied der Europäischen Union im Karlsruher Abkommen erstmals Vertragspartner eines umfassenden multilateralen Staatsvertrags geworden ist.
Mitwirkung der Regio Basiliensis
Die Regio Basiliensis, die von Beginn an und bis zum Jahr 2002 neben den Kantonsregierungen vollberechtigtes Mitglied der Schweizer Delegation in der Oberrheinkonferenz war, wirkte entsprechend an der Entwicklung des Abkommens mit. Zugleich setzte sich die Regio Basiliensis für die grenzüberschreitende Vernetzung von Behörden ein und förderte die gegenseitige Kenntnis der Strukturen sowie der rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Hinter all diesen Aktivitäten stand die Idee, die regionalen grenzüberschreitenden Zuständigkeiten zu stärken und die Subsidiarität zu fördern.
Beispiel der Umsetzung: «Vis-à-Vis»
Im elsässischen Erstein hat man die Möglichkeiten des Karlsruher Abkommens genutzt und 2004 den grenzüberschreitenden, örtlichen Zweckverband «Vis-à-Vis» gegründet. Mitglieder sind die acht badischen Gemeinden Lahr, Friesenheim, Meissenheim, Ringsheim, Schwanau, Kappel-Grafenhausen, Rust und Kippenheim sowie der elsässische Gemeindeverband Erstein mit 28 Gemeinden. Das Verbandsgebiet zählt rund 134‘000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Gemeinden arbeiten in verschiedenen Bereichen zusammen, etwa beim Thema Mobilität. So plant der Verband zurzeit den «kleinen Grenzverkehr» durch den Bau einer Brücke zwischen Erstein und Lahr zu vereinfachen. Damit würde die Strecke zwischen den beiden Orten für Linienbusse und den Rad- und Fussverkehr um rund neun Kilometer verkürzt. Geplant ist auch, die Kooperation im Tourismus zu verstärken und die gemeinsamen Aktivitäten im Bildungs-, Kultur- und Sportbereich auszubauen. Der Zweckverband schafft neu die Grundlage dafür, dass die beteiligten Kommunen ihren Partnerkommunen aus den Nachbarländern Aufgaben und Dienstleistungen zur Durchführung übertragen dürfen.
Grenzregionen werden gestärkt
Der Staatsvertrag stellt eine wichtige Weiterentwicklung für die konkrete Zusammenarbeit in den Grenzregionen dar, weil er eine Rechtsgrundlage für die Kooperation der Gebietskörperschaften und Kommunen schafft und dadurch die Zusammenarbeit erleichtert. Er konkretisiert somit die Ideen und Forderungen der Regio Basiliensis und der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG), die europäischen Grenzregionen zu stärken.
Textquellen: Publikationen der Regio Basiliensis und Weber, Martin/Jakob, Eric/Regio Basiliensis (Hg.): Die Regio-Idee. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region Basel, 1. Auflage, Basel 2013.
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil I: Die Gründung der Regio Basiliensis und der IKRB
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil II: Die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG)
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil III: Der Regio-Gipfel in Basel 1989
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IV: Die Einführung von Interreg
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil V: Die Deutsch-französisch-schweizerische Oberrheinkonferenz
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VI: Die INFOBEST PALMRAIN
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VIII: Die trinationale S-Bahn
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IX: Die Beziehungen Schweiz-EU
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil X: Der Trinationale Eurodistrict Basel (TEB)
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil XI: Die Beteiligung der jungen Generation