News Regio-Interview

31.05.2024

Regio-Interview – Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch

Vier Fragen an Andreas Fliessbach, Senior Scientist im Departement für Bodenwissenschaften beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und Projektverantwortlicher auf Schweizer Seite für das Interreg-Projekt KlimaCrops

Herr Fliessbach, was ist das Ziel Ihres Projekts? 

Unser Projekt hat zum Ziel, Ackerbaumassnahmen einzuführen, mit denen die Landwirtschaft an den Klimawandel angepasst und emissionsarme Landwirtschaftssysteme gefördert werden sollen. Dabei untersuchen wir Möglichkeiten wie Landwirtinnen und Landwirte den Ackerbau fit für den Klimawandel machen können. Die Probleme sind bekannt und auch Lösungen liegen parat aber in der Praxis wird nicht so viel umgesetzt.

Inwiefern haben sich Akteure des ökologischen Landbaus bereits im Voraus Ihres Projektes an den Klimawandel angepasst? Was haben die Umfrageergebnisse dazu ergeben?

Der Biolandbau baut als grundlegendes Prinzip auf eine Kreislaufwirtschaft ohne oder mit wenig Zukauf von Produktionsmitteln. Die Böden des Biolandbaus weisen höhere Humusgehalte auf und die Emission von Lachgas, einem sehr Klima-schädlichen Molekül, ist wegen der geringeren Menge an zugeführtem Stickstoff als Dünger deutlich tiefer. Biolandbau kann also als Anpassungsstrategie gelten aber auch als Klimaschutz. Die Erträge sind jedoch tiefer als die in den anderen Systemen des Ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN). Die Vorteile des Biolandbaus sind auch bei den positiven Auswirkungen auf Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität zu sehen. Die lässt sich beispielhaft zeigen in einem einzigartigen Langzeitversuch des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) und Agroscope in Therwil. Der DOK-Versuch wurde im Juli 2023 von Teilnehmenden des Projektes besucht. Hier konnte gezeigt werden, wie sich die Kulturen, die Bodenstruktur, die Regenwurmpopulation und die Wurzelsymbiosen in den verglichenen Agrarsystemen darstellen.

In den Befragungen und Workshops haben wir weniger darauf geachtet ob die Landwirtinnen und Landwirte Bio oder nicht Bio sind, sondern haben sie nach ihren Erfahrungen mit spezifischen Massnahmen zur Anpassung des Ackerbaus und zum Klimaschutz gefragt, denn die Probleme des Ackerbaus betreffen sie beide. 

Diese sind offensichtlich und messbar: So sieht man gerade auf den Lössflächen im Oberrheintalgraben im Winter offene Ackerflächen ohne Bewuchs. Erosionsereignisse und Probleme mit der Bodenstruktur sind oft zu beobachten. In den ausgeräumten Landschaften standen früher Feldgehölze, Hecken und Baumreihen, die den Verlust von Boden bremsen können. Im Elsass und auch in Baden-Württemberg gibt es bereits Versuchsanlagen zur Agroforstwirtschaft. Das FiBL hat im Rahmen der Zusammenarbeit im KlimaCrops-Projekt eine Ackerfläche des FiBL-Hofs mit Baumreihen bepflanzt, wo nun Forscher Böden und Biodiversität untersuchen und die Beraterinnen und Berater die Möglichkeiten der Kombination von Elementen des Agroforsts demonstrieren können. Für die Nachbarn und Spaziergänger ist dies auch etwas Neues und sie werden daher eingeladen an der Hecke zu naschen, aber auch an Führungen teilzunehmen. Auch die Gemeinde Frick, die zunächst zurückhaltend war uns diese Pflanzung zu genehmigen wird regelmässig informiert, zumal eine Trinkwasserquelle in direkter Nachbarschaft zu dieser Parzelle liegt.

Weniger gut sichtbar sind die Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit: Sie zeigt sich durch ungestörtes Pflanzenwachstum, standorttypische Bodenstruktur, eine aktive biologische Lebensgemeinschaft und ungestörten Abbau von Pflanzenrückständen. Es braucht die langjährige Wahrnehmung der Landwirtinnen und Landwirte oder sehr viel komplizierte Analytik, um die Bodenfruchtbarkeit gut zu schätzen. 

Konnten Sie bereits grenzüberschreitend Feldversuche anlegen und daraus erste Erkenntnisse und Anbauempfehlungen entwickeln?

Feldversuche zu Mulch und Direktsaat, Zwischenfrüchten und Fruchtfolgen wurden in allen drei Ländern durchgeführt. Am FiBL wurde zudem eine Agroforstparzelle angelegt, die der Demonstration des Potentials dieses Systems aber auch seiner Herausforderungen dienen soll.

Ziel 1 der Neuen Regionalpolitik sieht vor, die Klimabilanz in allen Wirtschaftssektoren durch die Unterstützung innovativer Wirtschaftsmodelle wie der Kreislaufwirtschaft und der Green Economy zu verbessern. Inwiefern trägt Ihr Projekt zur Erreichung dieses Ziels nachhaltig bei? 

Die Einführung klimafreundlicher Massnahmen in der Landwirtschaft, welche ein Viertel der gesamten GHG-Emissionen verursacht, ist natürlich ein wichtiger Schritt. Manche der im Projekt vorgeschlagenen Massnahmen sind leicht durchzuführen, andere benötigen eine Anfangsinvestition und es stellt sich die Frage, ob in jedem Fall der Direktzahlungsmechanismus gut funktioniert. Dafür ist gerade der Vergleich über die Grenzen hinweg interessant.

Herzlichen Dank für das Interview!

Zum Projekt KlimaCrops
Am Oberrhein werden über 60% der landwirtschaftlichen Flächen für den Ackerbau, insbesondere für den Anbau von Mais und Weizen, genutzt. Das Projekt KlimaCrops leistet vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen und sich häufenden Wetterereignissen einen Beitrag zur Landwirtschaft, indem es Strategien zur Anpassung von Ackerbausystemen an den Klimawandel entwickelt. Das Projekt läuft bis 13. Dezember 2025. Weitere Informationen finden Sie in der Projektdatenbank der IKRB. 


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