News Carte Blanche

29.03.2022

«Arbeitsmarkt am Oberrhein – Herausforderungen, Potenziale, Chancen»

Gehen am Oberrhein industrielle Arbeitsplätze verloren? Und welche Bedeutung haben Grenzgängerinnen und Grenzgänger für die Industrie und den Dienstleistungssektor?
Saskia Schenker, Direktorin Arbeitgeberverband Basel

Gemäss der Publikation «Arbeitsmarkt am Oberrhein 2021» von BAK Economics und der Regio Basiliensis sind in der Oberrheinregion im westeuropäischen Vergleich überdurchschnittlich viele Beschäftigte in der Chemie- und Pharmabranche, im Gesundheitssektor und im Elektroniksektor tätig. In Baden und der Südpfalz war in fast allen Branchen seit 2010 ein Wachstum zu verzeichnen. Die Zahlen zeigten jedoch auch, dass die Beschäftigung in den Industriebranchen im Elsass gesunken ist. Auch in der Nordwestschweiz nahm die Beschäftigung in der Metall- und Elektroindustrie sowie im Maschinen- und Fahrzeugbau ab. Müssen wir uns deshalb Sorgen über die Anzahl Arbeitsstellen in der Industrie machen?

Die Antwort lautet «nein» – zumindest für die Nordwestschweiz. Eine Studie von Avenir Suisse von Oktober 2021 («Den Erfolg der Schweizer Industrie weiterführen») brachte Erfreuliches zu Tage: «Die in der Mehrheit der Kantone beobachtete relative Abnahme der Beschäftigung in den Industriebranchen zeigt sich in absoluten Zahlen nicht. Die Schweiz ist nicht von einer Deindustrialisierung betroffen. Im Gegenteil, der Strukturwandel in der Industrie führte zu einer Steigerung der Wertschöpfung bei gleich vielen Vollzeitstellen. Gleichzeitig transformiert sich der Schweizer Arbeitsmarkt hin zu Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung und höherer Produktivität – auch in der Industrie, wo Dienstleistungstätigkeiten zunehmen.» Exemplarisch zeige sich dies im Kanton Basel-Stadt, wo zwischen 2005 und 2018 rund 40% der schweizweiten Arbeitsplätze in der chemischen Industrie (-2’500 Arbeitsplätze) verloren gingen. Parallel dazu seien in der Pharmaindustrie rund 5’300 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Die Industrie hat sich somit über alle Branchen gesehen erfolgreich erneuert, wenn es auch einzelne Branchen gibt, die an Boden verloren haben. Parallel dazu ist der Dienstleistungssektor gewachsen. Gemäss der Studie «Arbeitsmarkt am Oberrhein» sind denn auch in der Oberrheinregion in den letzten Jahren viele neue Arbeitsplätze bei den wissensintensiven und sonstigen Dienstleistungen, im IKT-Sektor und in der Gesundheitsbranche entstanden.

Interessant ist nun die Verteilung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger auf die Sektoren – schweizweit und in der Nordwestschweiz arbeiten gemäss Avenir Suisse rund zwei Drittel in der Industrie und ein Drittel im Dienstleistungssektor. Dies im Unterschied zu den Schweizer Arbeitskräften, von welchen ein Viertel in der Industrie und drei Viertel im Dienstleistungssektor arbeiten. Die Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind somit von grosser Bedeutung für die Industrie. Aber auch im Dienstleistungssektor trugen sie massgeblich dazu bei, das Wachstum und den Fachkräftebedarf zu bewältigen. Denn die Anzahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger nimmt in der Nordwestschweiz seit 2010 konstant zu.

Studien:
Cosandey Jérôme, Farman Darius, Rutz Samuel «Den Erfolg der Schweizer Industrie weiterführen», 8. Oktober 2021, Avenir Suisse 
BAK Economics «Arbeitsmarkt am Oberrhein 2021», Ausgabe 2021, Regio Basiliensis

Mit der Carte Blanche bieten wir Fachleuten eine Plattform, auf der sie Impulse zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit geben und ihre Visionen zur Entwicklung im Dreiland darlegen können. Im Jahr 2022 veröffentlichen wir Beiträge zum Thema «Arbeitsmarkt am Oberrhein – Herausforderungen, Potenziale, Chancen».


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