News Regio-Interview

26.07.2022

Regio-Interview - Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch

Zehn Fragen an Christian Robischon, Journalist und Mitbegründer des zweisprachigen und grenzüberschreitenden Onlinemagazins «Voisins-Nachbarn»

Was ist Ihre Verbindung zur Dreiländerregion am Oberrhein?

Ich bin im Elsass, in der Nähe von Mulhouse geboren und aufgewachsen. Ich habe in Strasbourg auch den grössten Teil meines Hochschulstudiums absolviert und den grössten Teil meiner beruflichen Laufbahn in den letzten fast dreissig Jahren im Elsass verbracht. Ich habe die Nachbargebiete in Deutschland und der Schweiz zunächst durch ihre touristischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten aus persönlicher Sicht kennengelernt. Bald darauf hatte ich als Journalist, der fliessend Deutsch spricht, die Gelegenheit, mit den Ansprechpartnern in Baden und der Nordwestschweiz in Kontakt zu treten, hauptsächlich mit wirtschaftlichen Entscheidungsträgerinnen und -trägern, politische Mandatsträgerinnen und -trägern sowie technische Leiterinnen und Leitern von Gebietskörperschaften.

2021 lancierten Sie und Pascale Braun gemeinsam das Onlinemagazin «Voisins-Nachbarn». Was ist daran das Besondere?

Unseres Wissens handelt es sich um das erste Medium, das sich speziell mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Frankreich und wahrscheinlich auch in der Schweiz befasst: Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist kein Nebenthema, sondern das Herzstück des Magazins, seine Daseinsberechtigung und das vorrangige Kriterium für die Auswahl der Themen, über die berichtet wird. Darüber hinaus ist die Website zweisprachig in Deutsch und Französisch.

Was hat Sie dazu bewogen, dieses Projekt zu starten? Was ist Ihr Ziel?

Das Projekt geht von einer Feststellung und einer Überzeugung aus. Die Feststellung ist das bisherige Fehlen eines solchen Mediums und die Tatsache, dass dieser Mangel bei den Diskussionen der grenzüberschreitenden Begegnungen oft bedauert wird. Davon ausgehend sind wir davon überzeugt, dass es einen Platz in der Medienlandschaft zu besetzen gilt, in dem die Information die Grenze überschreitet. Das Ziel besteht also darin, die Informationen auf der Ebene des Oberrheins einerseits und der «Grossregion» andererseits zu behandeln, so als gäbe es keine physische Grenze in diesem Raum, der von Wallonien über den Grand Est, Luxemburg, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden bis nach Basel reicht.

Erhalten Sie viel Unterstützung und Zuspruch?

Wir erhalten viel Zuspruch. Finanzielle Unterstützung haben wir für den Start von der Région Grand Est bekommen, dem französischen Finanzinstitut Caisse des dépôts und dem Departement Moselle. Weitere Schritte sind im Gange. Die beste Unterstützung, die wir bekommen können, ist ein Abonnement der Website für 120 Euro pro Jahr, da die Produktion von Informationen Geld kostet.  

Welche sind die grössten Herausforderungen, mit denen Sie in Ihrer alltäglichen grenzüberschreitenden Arbeit konfrontiert sind?

Das ist der Zugang zu Informationen ausserhalb des Elsass, meiner natürlichen «Zone». Also die Tatsache, dass man als Presseorgan, das sich für die Nachrichten aus einem «fremden» Gebiet interessiert, genauso wahrgenommen werden kann, wie die lokale Presse. Wenn ich diese Phase jeweils hinter mir habe, stelle ich fest, dass die Gesprächspartnerinnen und -partner sehr offen sind, um Fragen zu beantworten – was zweifellos durch gute Deutschkenntnisse unterstützt wird – und ich freue mich darüber.

Wo sehen Sie speziell Chancen und Möglichkeiten für grenzüberschreitende Projekte im Bereich Journalismus?

Über den konkreten grenzüberschreitenden Alltag zu sprechen ist zweifellos etwas, das erwartet wird. Dies kann durch sehr «allgemeinverständliche» Themen geschehen – was nicht die Berufung von Voisins-Nachbarn ist, welches sich an Entscheidungsträgerinnen und -träger wendet – aber auch gerade durch «technischere» Themen rund um Wirtschaft, Bildung, Raumplanung, etc., wie es unsere Onlineseite versucht zu tun.

Spüren Sie Unterschiede, was in der Schweiz, Deutschland oder Frankreich bezüglich Berichterstattung von der Leserschaft erwartet wird? Sehen Sie Gemeinsamkeiten?

Ich denke, es gibt mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Der Lesende sucht überall nach Informationen, die für ihn nützlich sind, auch bei der alltäglichen Arbeit im Fall der professionellen Leser, die wir ansprechen.

Sie sind bereits seit über 25 Jahren als Journalist tätig. Welches waren Ihre wichtigsten beruflichen Momente?

Mein Hauptfachgebiet ist die Wirtschaftsberichterstattung. In diesem Zusammenhang gehört es zu den prägenden Momenten, grosse Entscheidungen über die Ansiedlung von Unternehmen mit internationaler Ausstrahlung zu verfolgen, wie zum Beispiel Smart in Lothringen, als ich in dieser Region arbeitete. Im Allgemeinen entsteht ein solches Gefühl, wenn die «kleine» lokale Geschichte auf die «grosse» trifft, zum Beispiel auf französischer Seite alles, was in den letzten Jahren rund um die Schliessung des Atomkraftwerks Fessenheim passiert ist. Leider gibt es manchmal auch grosse Abbaupläne von Arbeitsplätzen, so dass man Zuschauer von persönlichen Dramen wird, die einen kaum kalt lassen.

Welche sind die nächsten Schritte, die Sie mit «Voisins-Nachbarn» verfolgen?

Zunächst werden wir versuchen, die bereits geleistete redaktionelle Arbeit zu konsolidieren, die darin besteht, dass wir seit nunmehr einem Jahr durchschnittlich fast zehn Artikel pro Woche veröffentlichen. Zu diesem Zweck wollen wir das Redaktionsteam um deutsch- und französischsprachige Journalisten erweitern. Ausserdem haben wir gerade auf der Website einen Bereich für «Partner» eingerichtet, in dem diese regelmässig mit Videos und Texten über ihre grenzüberschreitenden Initiativen informieren können.

Aus journalistischer Sicht: Welches sind die drei Begriffe, welche am geeignetsten das Potenzial der grenzüberschreitenden Kooperation zusammenfassen?

Nähe, Innovation ... und Beharrlichkeit (um sich nicht von den Hindernissen, die sich bei Kooperationsprojekten auftun, entmutigen zu lassen).

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg mit «Voisins-Nachbarn» und danken herzlich für das Interview! 

Weitere Informationen zu «Voisins-Nachbarn» finden Sie hier

Als PDF downloaden

Zurück