News Regio-Standpunkt

26.04.2023 / Regio-Standpunkt Nr. 32

Infrastrukturen grenzüberschreitend neu denken und konzipieren

Gute Rahmenbedingungen sind das Fundament für einen attraktiven grenzüberschreitenden Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Oberrhein. Gemeinsame Infrastrukturen sind dabei die zentrale Voraussetzung, um die nationale Randlage der Grenzgebiete zu überwinden und die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern. Die unterschiedlichen Regelungen und Grundlagen beiderseits der Grenzen machen eine grenzübergreifende Information, Koordination und Zusammenarbeit unverzichtbar. Hier bietet sich die Chance für neue Modelle und Verfahren der Zusammenarbeit.

Bei öffentlichen Infrastrukturen geht es um den öffentlichen Personenverkehr, den Strassen-, Luft und Schiffsverkehr, um Energieversorgung, Zollfragen, Sportanlagen, öffentliche Sicherheit, Bildungseinrichtungen, Telekommunikation, Banksysteme, Gesundheitsdienstleistungen und vieles mehr. Insbesondere durch die Coronapandemie und den Krieg in der Ukraine sind Fragen der Gesundheits-, Energieversorgung und öffentlicher Sicherheit verstärkt in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. 

Auch in der Grenzregion am Oberrhein haben grenzüberschreitende Infrastrukturen an Bedeutung gewonnen. Öffentliche Infrastrukturen, wie grenzüberschreitende Tram- oder Bahnverbindungen, Brücken, Windparks, Hochschulen und Bildungsgänge oder Spitäler, sind die Grundlage, auf der sich das gesellschaftliche Leben in unserer Dreilandregion entfalten kann. Sie eröffnen Chancen und sind der Schlüssel für die ökologische und soziale Entwicklung von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Zugleich werden in Zukunft die Anforderungen an Infrastrukturen zunehmen, und zwar hinsichtlich Kapazität und Qualität, wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit, etc.

Herausforderungen für grenzüberschreitende Infrastrukturen ergeben sich insbesondere bei den rechtlichen Fragestellungen und den verfahrensrechtlichen Abläufen. In Grenzregionen treffen zudem unterschiedliche Planungskulturen und -traditionen aufeinander und der angrenzende Grenzraum wird in Plänen und Konzepten oftmals nicht dargestellt, beziehungsweise nicht ausreichend beachtet. Stattdessen dominieren lokale, regionale und nationale Strategien, die keinen Grenzbezug haben. Entsprechend ist oft eine unzureichende politische Koordination festzustellen und das grenzüberschreitende Zusammenspiel von Politik, staatlichen Unternehmen und Infrastrukturbetreibern gestaltet sich teilweise schwierig. Bei zwischenstaatlichen, beziehungsweise grenzüberschreitenden Projekten, besteht häufig ein Mangel an Know-how oder Ressourcen. Auch beeinträchtigen regelmässig sprachliche und interkulturelle Barrieren die Qualität der Kooperation.

Entsprechend wichtig sind die Gefässe und Institutionen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Hier werden Netzwerke und Prozesse für die Verständigung und den Austausch geschaffen. In diesem Rahmen können Unklarheiten bei grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekten geklärt werden. Dabei braucht es aber rechtliche und strategische Grundlagen für grenzüberschreitende Projekte und Massnahmen. Ein wichtiger Aspekt sind zudem die Mitwirkungs- und Beteiligungsverfahren bei der Planung und Realisierung von grenzüberschreitenden Infrastrukturen. Nur dadurch kann deren Akzeptanz gewährleistet werden. Zudem müssen neue Verfahren, Methoden und Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte entwickelt werden. So wäre es zum Beispiel denkbar, dass für grenzüberschreitende Bus-, Tram- oder Bahnlinien nur das Recht von einem der beteiligten Staaten gilt. Auch könnten zwischenstaatliche Verfahrensmodule entwickelt werden, welche die Abläufe und Verständigung vereinfachen.

Am trinationalen Oberrhein bietet es sich an, wie oben aufgezeigt, die Infrastrukturen gemeinsam und komplementär zu entwickeln und zu nutzen. Die Regio Basiliensis plädierte bereits sehr früh für die Entwicklung gemeinsamer Infrastrukturen, wie zum Beispiel für die Schaffung der 1997 in Betrieb genommenen Regio S-Bahn. Heute engagiert sie sich für den Erhalt, den Ausbau und die Optimierung der Infrastrukturen am deutsch-französisch-schweizerischen Oberrhein und die Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen.

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