News Regio-Interview
12.08.2025
Regio-Interview – Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch
Sieben Fragen an Dr. Andrea Wagner, Bereichsleiterin Regionalanalysen bei der BAK Economics AG zur neusten Ausgabe der Broschüre «Arbeitsmarkt am Oberrhein»
Frau Dr. Wagner, welchen Themen widmen Sie sich in der Ausgabe 2025 der Broschüre «Arbeitsmarkt am Oberrhein»?
Die Broschüre erscheint nun zum sechsten Mal mit dem Ziel die wichtigsten Fakten zum grenzüberschreitenden Oberrheingebiet aufzuzeigen. Wie in jeder Ausgabe wird die Entwicklung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger, der Beschäftigten in den Schlüsselbranchen, der Arbeitslosen sowie der offenen Stellen in den oberrheinischen Regionen aufgezeigt. Diese Ausgabe widmet sich zusätzlich der Wahrnehmung des grenzüberscheitenden Arbeitsmarktes bei Studentinnen und Studenten von bi- und trinationalen Studiengängen.
Welches ist für Sie die zentralste Aussage der Ausgabe 2025?
Die Anzahl der Auszubildenden und Studierenden, insbesondere im Hochschulbereich, ist im vergangenen Jahrzehnt deutlich gestiegen. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet die Zuwanderung, vor allem bei den Auszubildenden. Grenzüberschreitende Studiengänge sowie die enge Vernetzung von Bildung, Forschung und Wirtschaft erzeugen zusätzlichen Mehrwert und tragen massgeblich zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses und damit zur Wettbewerbsfähigkeit der Region bei.
Wie sehen Studierende von bi- und trinationalen Studiengängen den Arbeitsmarkt am Oberrhein?
Die Studierenden sehen den Arbeitsmarkt am Oberrhein als Chance ihren Horizont zu erweitern und sich persönlich weiterzuentwickeln, wie beispielsweise Sprachen zu erlernen oder unterschiedliche Arbeitswelten kennenzulernen. Sie nehmen ihn aber auch als ökonomische Chance wahr: als Möglichkeit höhere Gehälter zu erzielen, ihre Karrieremöglichkeiten zu erhöhen oder einen Job im gesuchten Beruf zu finden.
Sind die Studierenden bereit zu pendeln?
Die Mehrzahl der Befragten würde einen Umzug bevorzugen, aber ein Fünftel der Ansässigen in den schweizerischen und deutschen Gebieten des Oberrheins und etwa die Hälfte der im Elsass lebenden Befragten können sich auch vorstellen zu pendeln.
Sind Lohnunterschiede die massgebende Motivation für grenzüberschreitende Mobilität?
Für die grosse Mehrheit der Befragten zählen Gehaltsunterschiede zu den wichtigsten Gründen. Zudem nennen 68 % bessere Karrieremöglichkeiten als bedeutenden Faktor. Die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen spielt mit 36 % nur eine untergeordnete Rolle. Wie bereits erwähnt, gibt es daneben zahlreiche persönliche Beweggründe, wie das Sammeln von Auslandserfahrungen, das Interesse an einer anderen Sprache und Kultur sowie ein internationales Arbeitsumfeld, die die Aufnahme einer Beschäftigung im Nachbarland attraktiv machen.
Wie gehen Sie bei der Erhebung der Daten vor und welche Problemstellungen ergeben sich aufgrund der Grenzlage?
Internationale Vergleichbarkeit von Daten stellt im Grenzraum aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden der beteiligten Länder stets eine besondere Herausforderung dar. Durch den systematischen Abgleich verschiedenster statistischer Quellen gelingt es jedoch, ein hohes Mass an Zuverlässigkeit zu gewährleisten. BAK Economics pflegt seit vielen Jahren eine internationale Wirtschaftsdatenbank auf regionaler Ebene. Dabei setzen wir, wann immer es möglich ist, auf einheitliche Quellen wie die OECD oder Eurostat und ergänzen diese gezielt mit nationalen beziehungsweise regionalen Daten. Mithilfe anerkannter Schätzmethoden und eigens entwickelter Modelle stellen wir zudem sicher, dass die Daten eine hohe Konsistenz aufweisen – auch auf detaillierter regionaler und branchenspezifischer Ebene.
Wo sehen Sie den Mehrwert einer solchen Publikation und wer ist für Sie das Zielpublikum?
Der Mehrwert einer solchen Publikation liegt vor allem darin, dass sie die Wichtigkeit des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes für die Wirtschaft und die Politik, aber auch für die Menschen, die hier leben, verdeutlicht. Da der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt gut funktioniert, wird er als selbstverständlich angesehen. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen ist dies aber kein Selbstläufer, sondern viele Herausforderungen sind grenzüberschreitend ähnlich und dazu benötigt es Informationen über die Entwicklungen in allen Teilräumen des Oberrheingebiets. Für einen funktionieren Arbeits- und Wirtschaftsraum benötigt es zudem vertraglich abgesicherte Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU. Ohne Personenfreizügigkeit würde der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt am Oberrhein fragmentieren und Wohlstandsverluste entstehen. Auch hier zeigt die Broschüre wie wichtig die Personenfreizügigkeit für die Unternehmen am Oberrhein ist und damit auch die Zustimmung zum bilateralen Weg bei einem Referendum.
Herzlichen Dank für das Interview, Frau Dr. Wagner!
Die aktuelle Ausgabe der Broschüre «Arbeitsmarkt am Oberrhein» kann hier heruntergeladen werden. Gedruckte Exemplare können bei der Geschäftsstelle der Regio Basiliensis via Mail bestellt werden.