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25.06.2025 / Regio-Standpunkt Nr. 42

Der Oberrhein braucht eine funktionierende Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft am trinationalen Oberrhein bietet erhebliche Potenziale für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Sie ermöglicht die Ressourceneffizienz und die Verringerung von Abfall, braucht aber gleichzeitig einen grenzüberschreitenden Schulterschluss.

Am 26. Februar 2025 stellte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, den «Clean Indusrial Deal» für eine saubere Industrie vor. Dabei handelt es sich um einen Wirtschaftsplan zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Resilienz der europäischen Industrie. Durch den Deal soll die Dekarbonisierung beschleunigt und gleichzeitig die Zukunft der verarbeitenden Industrie in Europa gesichert werden. Ein weiterer Punkt des Deals ist die Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel, durch die Förderung von Recycling, Wiederverwertung und nachhaltiger Erzeugung die Abfallmenge zu verringern und die Lebensdauer von Materialien zu verlängern. Für einen wettbewerbsfähigen und krisenfesten Markt ist es entscheidend, die begrenzten Ressourcen der EU so gut wie möglich zu nutzen und übermässige Abhängigkeiten von Rohstofflieferanten in Drittländern zu verringern. Die Kommissionspräsidentin sagte dazu: «Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Kreislaufwirtschaft. Das ist nicht nur gut für den Planeten, sondern unterstützt auch unsere offene strategische Autonomie.» Bis 2030 sollen demnach 24 % der verwendeten Materialien kreislauffähig sein.

Der Oberrhein nimmt im europäischen Vergleich eine Vorreiterrolle in den Bereichen Klimaschutz, erneuerbare Energieversorgung und Klimaanpassung ein. Die Akteure am Oberrhein arbeiten seit vielen Jahre zusammen und haben diverse Projekte und Massnahmen realisiert, darunter insbesondere das Klima- und Energienetzwerk TRION climate. Das gemeinsame Potenzial der Grenzregion ist aber noch lange nicht ausgeschöpft. Ende 2024 wurde die neue Klima- und Energiestrategie für den Oberrhein durch die Deutsch-französischen-schweizerische Oberrheinkonferenz verabschiedet. Die Strategie wird von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft getragen und betont, dass die Umsetzung von Klimaschutz, nachhaltiger Energieversorgung und Klimaanpassung vielfältige positive Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bevölkerung oder die Standortattraktivität für Unternehmen hat. Sie orientiert sich insbesondere an den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung und sieht als eine der Massnahmen die Stärkung der Kreislaufwirtschaft vor.

In Basel und Umgebung sind Bauabfälle ein grosses Thema: Jährlich fallen rund 3.2 Mio. Tonnen Material an. Am 5. Juni 2025 organisiert die Regio Basiliensis eine trinationale Unternehmensführung für die RegioTriRhena bei der habö AG in Allschwil. Das Unternehmen ist im Bereich der Baustofflogistik aktiv und setzt dabei einen Schwerpunkt bei der Kreislaufwirtschaft. In den Recyclingplätzen von habö in Allschwil und Schweizerhalle werden jährlich rund 800’000 Tonnen Material umgeschlagen. Der grösste Teil davon wird effizient aufbereitet und in den Baustoffkreislauf zurückgeführt. Die habö AG verfügt neben den Standorten in Allschwil, Schweizerhalle und Möhlin über ein grenzüberschreitendes Netzwerk. So hat sie direkten Anschluss an den Rheinhafen in Huningue (F) und Möglichkeiten für Materialaufbereitung und -bezug in Grenzach-Wyhlen (D). Gerade der Umschlag von Bauabfällen über die Grenze sei allerdings logistisch sehr aufwendig und wird von einer zunehmenden Bürokratie gehemmt. Klar wurde bei der Besichtigung der habö AG, dass es faire Marktbedingungen für recyclierte Baustoffe braucht, und zwar weg von zu billigen Deponielösungen und hin zu einem Bewusstseinswandel bei den Bestellern und Bauherren. Am Beispiel der habö AG zeigt sich: Mehr Kreislaufwirtschaft im Bauwesen ist machbar, braucht aber Haltung, Technik und faire Rahmenbedingungen.

Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft am Oberrhein ist eine intelligente Vernetzung der einzelnen Stufen der Wertschöpfungsketten notwendig. Das bedeutet, beim Produktdesign schon an die Wiederverwendung und Recyclingfähigkeit zu denken, beim Design des Geschäftsmodells auf Anreize zur Langlebigkeit zu achten und beim Recycling die Qualitätsanforderungen der Industrie zu berücksichtigen. Die politische Kommunikation zur grenzüberschreitende Kreislaufwirtschaft sollte die Unternehmen und die Wissenschaft direkt ansprechen und miteinbeziehen. Gleichzeitig müssen die rechtlichen und administrativen Hindernisse für die Kreislaufwirtschaft reduziert werden. Das EU-Förderprogramm Interreg Oberrhein soll auch zukünftig die Möglichkeit bieten, innovative Projekte im Bereich der Zirkularwirtschaft umzusetzen.

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