News Regio-Interview

21.04.2023

Regio-Interview - Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch

Acht Fragen an Johannes Bohren, Director Entrepreneurship bei Basel Area Business & Innovation

Im Projekt «Grenzüberschreitendes Entrepreneurship Curriculum mit Toolbox» geht es um die Schaffung eines modularen Programms für das Unternehmertum zur Unterstützung des Weges von der Idee zum etablierten Unternehmen. Welche Problemstellung liegt der Projektidee zugrunde?

Für alle Unternehmerinnen und Unternehmer geht es darum, Grenzen zu überschreiten. Dies gilt vor allem für innovative Startups. Um mit einem neuen Produkt zu reüssieren, müssen Startups neue Wege gehen, neue Technologien erfinden, neue Business-Modelle ausprobieren sowie neue Märkte schaffen und erkunden. Für die Gründerinnen und Gründer geht es oft auch darum, persönliche Grenzen zu überschreiten. Oft geht die Gründung mit finanziellen Risiken einher, oft gehört Scheitern dazu und man muss wieder aufstehen und es erneut probieren. Sämtliche Grenzüberschreitungen prägen den Weg einer Unternehmerin oder eines Unternehmers. Die Region Basel ist geprägt von administrativen Grenzen zwischen Kantonen, aber auch der Landesgrenze. Es ist für unsere Region enorm wichtig, dass wir auch im Unternehmertum diese Grenzen durchlässiger machen. Zurzeit sind die ganzen Supportorganisationen lokal, regional oder höchstens national organisiert. Dementsprechend werden Produkte und Dienstleistungen auch für den Heimmarkt konzipiert. Für die Schweiz, aber auch Europa, ist es eminent wichtig, dass wir Lösungen bauen, die zumindest europäisch, aber auch global skalierbar sind – und das so schnell wie möglich. Ansonsten können wir in Schlüsseltechnologien schwer zu China und den USA aufschliessen.

Was ist der aktuelle Stand bei der Umsetzung?

Zur Erreichung des Zieles war es vorerst nötig, dass wir Supportorganisationen miteinander vernetzen. Unsere erste Veranstaltung im Rahmen des Projekts widmete sich primär diesem Ziel. Danach haben wir mit unseren Projektpartnern im Elsass und in Baden-Württemberg verschiedene Veranstaltungen organisiert und gezielt Startups aus allen drei Regionen zusammengebracht. Zurzeit ist ein trinationaler Helpdesk in der Entwicklung. Dort finden Unternehmerinnen und Unternehmer weiterführende Hilfe bei konkreten Fragestellungen zu grenzüberschreitenden Themen. Damit weitere Begegnungsräume entstehen, haben wir ein Label für trinationale Events eingeführt. Diese Events werden dann auch von den drei Projektpartnern beworben und auf dem Webportal aufgeschaltet.

Voraussetzung bei der Förderung war der grenzüberschreitende Charakter des Projekts. Wie werden Sie dem gerecht?

Indem wir konkret Leute, beziehungsweise Unternehmerinnen und Unternehmer aus den drei Regionen zusammenbringen, bauen wir gegenseitige Beziehungen auf, welche langfristig die Wirtschaft auf allen Seiten stärkt. Basierend auf den Rückmeldungen der Teilnehmenden hätten diese Begegnungen ohne unser Zutun nicht stattgefunden.

Eine weitere Bedingung für die Bundesförderung im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) des Bundes war, dass das Vorhaben zur regionalen Wertschöpfung und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Wie messen Sie, ob dem auch so ist?

Wir messen die Anzahl Interaktionen und Teilnahmen von Startups aus dem trinationalen Raum an unseren Veranstaltungen. Da es sich bei den «Kundinnen und Kunden» unseres Projektes aber um Startups handelt, welche die Arbeitsplätze und Steuereinnahmen von Morgen schaffen, ist jeder Franken – und hoffentlich bald auch jeder Euro – sehr gut investiertes Geld. Wenn wir es schaffen, dass Dank unseres Programms mehr Firmen entstehen, wie Vitra oder Endress + Hauser, beide mit einem grenzüberschreitenden Gründerteam, dann haben wir unser Ziel vollends erreicht. 

Was sind hauptsächliche Unterschiede bei der Förderung des Unternehmertums in Deutschland, Frankreich und der Schweiz? Welches sind die Gemeinsamkeiten?

Ein bedeutender Unterschied ist die Finanzierung von staatlicher Seite. Während in der Schweiz die direkte Subventionierung durch den Staat eher unüblich ist, können Startups aus Deutschland und Frankreich leichter zu Grants von Seiten der EU oder des Staats und Landes kommen. Man sagt aber, dass es in der Schweiz einfacher ist, privates Kapital aufzutreiben und die Rahmenbedingungen für Startups besser sind.

In allen Märkten fehlt es aber an genügend Risikokapital, welches Startups den globalen Durchbruch in Massenmärkten erlaubt. Allen gemeinsam ist die Erkenntnis, dass wir in Schlüsseltechnologien und beim Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft, als trinationaler Wirtschafts- und Kulturraum zusammenarbeiten müssen. Die Märkte sind global und die Wettbewerber sind in Übersee angesiedelt.

Ihre Zielgruppe sind angehende oder Jungunternehmerinnen und -unternehmer. Wie machen Sie diese auf Ihre Angebote aufmerksam und werden diese auch in allen Teilregionen gleich gut angenommen? 

Die Zielgruppe sind Startups, welche innovative Produkte entwickeln und diese auch für die Nachbarmärkte designen oder eine grenzüberschreitende Supply Chain aufbauen. Wir sprechen diese Unternehmen gezielt an, da alle drei Projektpartner über den nötigen Zugang verfügen. Andere Unternehmen werden durch unsere bestehenden Marketingkanäle der jeweiligen Partnerorganisation angesprochen. Ab Sommer kommt des Weiteren unser Onlineportal dazu. Dieses wir auch mit einem Marketingbudget beworben. Damit wir auch etwas organischen Traffic generieren können, lancieren wir die «Entrepreneurship Stories from the Dreiländereck». 

Welche sind die nächsten Schritte, die Sie nach Ablauf der Projektförderung im Herbst 2023 im Bereich der grenzüberschreitenden Stärkung des Unternehmertums verfolgen?

Die Projektpartner sind sich einig, dass das Projekt in irgendeiner Form weitergeführt werden soll. Wir suchen zurzeit weitere Partner, welche die Finanzierung für die kommenden Jahre sicherstellen können. 

Zum Schluss noch eine Frage für alle aktuellen und künftigen Unternehmerinnen und Unternehmer: Was ist zu beachten, wenn ich mein Geschäftsmodell grenzüberschreitend aufstellen will? Können Sie uns drei Dos und drei Don’ts nennen?

Dos

  • Finden Sie Ansprechpersonen in dem jeweiligen anderen Markt. Diese helfen Ihnen, sich mit den lokalen Eigenheiten vertraut zu machen.
  • Wenn es aus irgendeinem Grund nicht funktioniert, dann lernen Sie daraus und machen Sie es im zweiten Anlauf besser. 
  • Sagen Sie uns Bescheid, was bei Ihnen geklappt, beziehungsweise nicht geklappt hat. Je mehr Daten wir hierzu haben, desto besser werden wir diese Frage in Zukunft qualifiziert beantworten können.

Don’ts

  • Launchen Sie Ihr Produkt/Service nicht im anderen Land, ohne sich mit den dortigen Konsumentinnen und Konsumenten persönlich auseinanderzusetzen.
  • Behalten Sie Ihr Vorhaben nicht für sich, sondern teilen Sie es mit möglichst vielen Personen. Sie wissen nie, von wo unerwartete Hilfe kommen könnte.
  • Don’t be afraid.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg mit der weiteren Umsetzung des Projekts und danken herzlich für das Interview! 

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