Regio-Interview

14 février 2020

Regio-Interview - Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch

Zehn Fragen an Elisabeth Ackermann, Regierungspräsidentin des Kantons Basel-Stadt und Leiterin der Schweizer Delegation in der Deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz 

Sie sind seit 2017 Regierungspräsidentin des Kantons Basel-Stadt und damit auch für die Aussenbeziehungen des Kantons zuständig. Welche Aspekte und Möglichkeiten liegen Ihnen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit besonders am Herzen? 

Als Zentrum eines grossen, trinationalen Lebens- und Wirtschaftsraumes kann der Kanton Basel-Stadt als Ganzes nur funktionieren, wenn zahlreiche Bereiche über Grenzen hinweg koordiniert werden, so etwa in der Raumentwicklung, im Bildungs- oder im Gesundheitswesen. Deshalb sind die gute Zusammenarbeit und die persönlichen Kontakte mit unserer Nachbarschaft so wichtig.

Persönlich ist mir wichtig, dass die Bevölkerung im trinationalen Raum in diesen Prozess einbezogen wird und direkt von der Zusammenarbeit profitieren kann. 

Welche Gelegenheiten und Möglichkeiten bietet die grenzüberschreitende Zusammenarbeit dem Kanton Basel-Stadt?

Unsere Grenzlage ist eine grosse Chance für Basel, ihr verdankt die Stadt ihre Weltoffenheit, ihre wirtschaftliche Potenz und ihre kulturelle Vielfalt. In vielen Fragen rund um Verkehr, Umwelt, Bildung und Kultur arbeiten wir eng mit unseren Nachbarn jenseits der nationalen, kantonalen und kommunalen Grenzen zusammen. Mit den grenzüberschreitenden Bus- und Tramlinien und der jüngst erfolgten Fortschritte bei der Tarifkooperation bringen wir die Menschen näher zusammen. Trinationale Studiengänge aber auch der kulturelle Austausch, wie beispielsweise der Museums-Pass-Musées, sind eine grosse Bereicherung in unserer Region.

Welches sind die Ziele der baselstädtischen Regierung im Bereich der Aussenbeziehungen?

Für den Kanton Basel-Stadt sind gute Aussenbeziehungen insbesondere mit der EU von grosser Bedeutung. Einerseits wohnen wir in einem grenzüberschreitenden Lebensraum und andererseits ist unsere exportorientierte Wirtschaft auf gute Aussenbeziehungen angewiesen. Wir leisten mit dem Engagement in der sogenannten kleinen Aussenpolitik und der zielgerichteten Interessenvertretung in Bundesbern unseren Beitrag dazu. 

2019 waren Sie Präsidentin der Deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz. Welche Bilanz ziehen Sie aus diesem Präsidentschaftsjahr? 

Eine sehr positive. Ein Kernanliegen war der stärkere Einbezug der jungen Bevölkerung. Mit einer repräsentativen Umfrage haben wir ihre Ansichten ermittelt und berücksichtigen diese nun in der künftigen Zusammenarbeit. Persönlich fand ich die partnerschaftliche Atmosphäre an den Veranstaltungen, die Intensivierung bestehender Kontakte und die vielen neuen Begegnungen sehr bereichernd.

Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage der 18- bis 29-Jährigen am Oberrhein haben gezeigt, dass sich diese Bevölkerungsgruppe stark mit Europa identifiziert und ein grosses Interesse an grenzüberschreitender Zusammenarbeit zeigt. Werden diese Erkenntnisse zukünftig auch Einfluss auf Ihr Amt als Regierungspräsidentin haben? 

In jedem Fall nehme ich diese Stimmen sehr ernst. Die Diskussionen mit Jugendlichen und anderen interessierten Personen werden vertieft. Bereits am 13. Februar wurde hierzu in Karlsruhe ein Workshops durchgeführt. Eine weitere Veranstaltung mit einem aktiven Einbezug von Jugendlichen wird am 15. Februar in Strasbourg stattfinden. Mit Blick auf Basel und die Nordwestschweiz habe ich mich sehr darüber gefreut, dass sich viele Befragte offen und interessiert an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und an Europa gezeigt haben. Das spricht für die weltoffene Einstellung der jungen Generation in unserer Region.

Kann die grenzüberschreitende Kooperation einen Effekt auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union haben?

Ja, die Zusammenarbeit in unserem Grenzraum gibt es schon seit langer Zeit und funktioniert sehr gut. Sie kann ein Vorbild für die Kooperation im Grossen sein. Ich bin überzeugt, dass gute und stabile Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU eine wichtige Voraussetzung für einen starken und erfolgreichen Metropolitanraum Basel sind. Wir setzen uns daher in Bundesbern, wie auch in der Zusammenarbeit mit unseren deutschen und französischen Partnern, für einen Erhalt dieser guten Beziehungen ein. 

In welchem Masse tragen das Programm Interreg und die Neue Regionalpolitik (NRP) zur Herausbildung grenzüberschreitender Projekte bei, die für die Region sinnvoll sind?

In den 30 Jahren seit der Gründung hat Interreg viele bürgernahe und innovative Projekte ermöglicht. Die NRP als Finanzierungsinstrument des Bundes ist für die Nordwestschweizer Akteure elementar, um an grenzüberschreitenden Projekten zu partizipieren und dient als Signal an die anderen Akteure am Oberrhein und an die EU. 

Was braucht es für ein erfolgreiches grenzüberschreitendes Projekt?

Neben einer guten Idee und geeigneten Partnern, scheinen mir Verständnis für kulturelle Unterschiede, gegenseitiges Vertrauen und Ausdauer besonders wichtig.

Welche zukünftigen Schlüsselprojekte der Zusammenarbeit haben für Sie die höchste Priorität?

Da nehme ich gerne noch einmal auf die Ergebnisse der Jugendumfrage Bezug. Am stärksten haben die Befragten die Themen Umweltschutz, Mobilität und Bildung priorisiert. Diese Einschätzung kann ich absolut teilen, zumal wir auf politischer Ebene bereits intensiv an diesen Themen arbeiten. Aber auch das Projekt 3Land ist für mich ein Schlüsselprojekt. In diesem Projekt arbeiten die Nachbarstädte Basel-Stadt, Weil am Rhein, Huningue und Saint-Louis am gemeinsamen Ziel, zwischen der Dreirosen- und der Palmrainbrücke einen grenzüberschreitenden Stadtteil zu entwickeln. Hier wollen wir den Strukturwandel aktiv mitgestalten. Das Potenzial für die Stadt-, Verkehrs- und Freiraumentwicklung ist gross und als trinationale Aufgabe einmalig in Europa. Weitere Projekte mit grossem Integrationspotenzial sind aber auch der Bahnanschluss zum EuroAirport, die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke sowie die Hochschulkooperation im Oberrheinraum.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei Worte, welche am geeignetsten die grenzüberschreitende Kooperation zusammenfassen? 

Zukunftsweisend, bereichernd, unverzichtbar!

Herzlichen Dank für das Interview! 

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