Regio-Interview
26 novembre 2024
Regio-Interview – Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch
Elf Fragen an Florian Faber, Group CEO der MCH Group in Basel
Herr Faber, Basel hat durch seine Lage im Dreiländereck eine einzigartige geografische Position. Wie nutzt die MCH Group diesen Vorteil, um internationale Ausstellende und Besuchende anzuziehen?
Die Lage von Basel im Dreiländereck bietet für uns gleich mehrere Vorteile: Zum einen liegt Basel im Herzen Europas und an der Schnittstelle von drei Ländern, was eine einfache Erreichbarkeit für unsere internationalen Gäste und Ausstellerinnen und Aussteller ermöglicht. Zum anderen ist Basel hervorragend vernetzt, sowohl durch die Nähe zum EuroAirport als auch durch den Anschluss an das Schweizer und europäische Bahnnetz.
Auch das vielfältige kulturelle Angebot, die renommierten Museen und die hohe Lebensqualität in Basel spielen eine entscheidende Rolle, insbesondere auch für den Erfolg der Art Basel. Die Stadt beherbergt die älteste öffentliche Kunstsammlung der Welt, weltweit führende private Stiftungen wie die Fondation Beyeler sowie innovative Institutionen wie die Kunsthalle Basel und das Schaulager. Durch seine kompakte Grösse bietet Basel zudem einen einzigartigen, intimen Rahmen, der es ermöglicht, die Messe und das umfassende kulturelle Angebot in unmittelbarer Nähe zu erleben.
Inwiefern trägt die Lage im Dreiländereck zur Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit der Messen in Basel bei?
Durch die besondere Lage von Basel im Dreiländereck erreichen wir ein breites internationales Publikum und profitieren von einer Vielfalt an Besucherinnen und Besuchern sowie Ausstellerinnen und Ausstellern. Die grenzüberschreitende Erreichbarkeit ermöglicht unkomplizierte Anreisen und erleichtert den Zugang zu einem erweiterten Markt. Zudem verstärkt die internationale Ausstrahlung Basels die Attraktivität für Unternehmen und Organisationen, die gezielt ein internationales Publikum ansprechen möchten.
Wie bewerten Sie die Verkehrsinfrastruktur und die geplanten Infrastrukturprojekte im Dreiländereck, beispielsweise die Bahnanbindung an den EuroAirport, den Ausbau der trinationale S-Bahn und das Basler Herzstück? Wie wichtig sind diese für den Messestandort?
Eine leistungsfähige Infrastruktur erleichtert nicht nur den Besucherinnen und Besuchern den Weg zur Messe, sondern stärkt auch die Attraktivität Basels als Wirtschaftsstandort insgesamt. Die Bahnanbindung an den EuroAirport und der Ausbau der trinationalen S-Bahn sind für uns also Projekte, die klare Vorteile bieten. Sie würden unseren Messestandort noch attraktiver machen und Basel als global vernetzten Standort strategisch besser positionieren.
Welche Rolle spielt die Messebranche für die wirtschaftliche Wertschöpfung in der Region Basel?
Wie die erst kürzlich veröffentliche Wertschöpfungsstudie von BAK Economics zeigt, leisten wir mit unseren Angeboten in den Bereichen Messen, Events und Kongresse einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Wertschöpfung in der Region Basel. Unsere Aktivitäten schaffen Wertschöpfung nicht nur durch direkte Einnahmen wie Ticketverkäufe oder Standmieten, sondern stärken auch zahlreiche angrenzende Branchen wie Tourismus, Hotellerie, Gastronomie und Transport. Wir agieren also als Katalysator und sind eine treibende Kraft für die regionale Wirtschaft.
Sie erwähnen die kürzlich durchgeführte Wertschöpfungsstudie im Auftrag der MCH Group durch BAK Economics AG. Können Sie uns einige Highlights nennen? Was sind die beeindruckendsten Zahlen?
Unsere Wertschöpfungsstudie zeigt: Im Jahr 2023 erzielten unsere Messen und Veranstaltungen eine Wertschöpfung von insgesamt 330 Mio. Franken, davon allein 201 Mio. Franken im Kanton Basel-Stadt. Besonders der Tourismussektor profitiert massgeblich von den Aktivitäten der MCH Group. Rund 105 Mio. Franken entfallen auf Hotellerie, Gastronomie, Kultur- und Unterhaltungsangebote sowie den Detailhandel und Verkehr. Die Studie verdeutlicht zudem, dass jeder von der MCH Group in Basel erwirtschaftete Franken weitere 4.50 Franken in anderen Branchen der Region generiert. Diese Zahlen unterstreichen unsere zentrale Rolle als treibende Kraft für die regionale Wirtschaft.
Wie beeinflusst die Messebranche die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region? Gibt es spezifische Beispiele, die diesen positiven Einfluss verdeutlichen?
Wir sichern in der Region nicht nur direkt, sondern auch indirekt Arbeitsplätze. Jeder Arbeitsplatz von uns in Basel schafft fünf zusätzliche Stellen entlang der Wertschöpfungsketten. Insgesamt resultieren so rund 1’700 Vollzeitäquivalente (FTE) mit einer Bruttolohnsumme von 141 Mio. Franken, was den erheblichen Beschäftigungseffekt der MCH Group verdeutlicht.
Wie profitieren lokale Unternehmen und Dienstleister von den Messen und Veranstaltungen in Basel?
Lokale Unternehmen und Dienstleister profitieren stark von den Messen und Veranstaltungen in Basel. Ob Reinigungsfirmen, Sicherheitsdienste oder Beratungsagenturen – sie alle erhalten Aufträge, die direkt mit unseren Aktivitäten zusammenhängen. Wir sind stolz darauf, ein wichtiger Motor für den Wirtschaftsstandort Basel zu sein, und sehen es als unsere Aufgabe, auch in Zukunft Wertschöpfung zu schaffen und Impulse zu setzen, die die Region weiter stärken und voranbringen.
Die Messebranche hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Welche Herausforderungen sind damit verbunden, und wie reagiert MCH Group auf diesen Wandel?
Die Messebranche hat in den letzten Jahren tiefgreifende Veränderungen durchlaufen – nicht zuletzt auch durch die Pandemie. Heute sind Messen nicht mehr nur Orte für den direkten Handel, sondern vor allem Plattformen für Austausch und Vernetzung innerhalb der Branche. Dies zeigt sich deutlich an unseren erfolgreichen Messen wie der Swissbau mit 52'486 Besucherinnen und Besuchern oder an den positiven Ausgaben der Ineltec und Giardina. Die Nachfrage nach physischem Austausch, Inspiration und Networking ist auch nach Corona ungebrochen da.
Wir reagieren auf den Wandel, indem wir unsere Formate konsequent weiterentwickeln und die gesamte Wertschöpfungskette der jeweiligen Branchen in die Gestaltung unserer Messen einbinden. So können wir gezielt auf die sich wandelnden Bedürfnisse eingehen und sowohl regionale als auch internationale Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer besser einbinden. Unser Ziel ist es, diesen Ansatz weiter auszubauen und unsere Veranstaltungen kontinuierlich an aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Trends anzupassen.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Nachhaltigkeit. Sie spielt in der Eventbranche eine zunehmend wichtige Rolle. Im Einklang mit unserem Nachhaltigkeitsansatz haben wir den Sustainable Event Guide entwickelt. Dieser praktische Leitfaden bietet Veranstalterinnen und Veranstaltern konkrete Handlungsempfehlungen und Massnahmen, um Events nachhaltig zu planen und durchzuführen. Damit setzen wir nicht nur ein klares Zeichen für nachhaltiges Wirtschaften, sondern bieten auch einen echten Mehrwert für unsere Partner sowie Kundinnen und Kunden.
Welche Massnahmen haben Sie ergriffen, um das Angebot der MCH Group an die veränderten Bedürfnisse der Ausstellenden und Besuchenden anzupassen?
Unser Ziel ist es, Messen und Events zu schaffen, die als Plattformen für Innovation, Inspiration und Austausch dienen und für ihre Qualität und Relevanz geschätzt werden. Um dies zu erreichen, ist der direkte Austausch mit den Markteilnehmern essenziell. Das Wichtigste ist, dass wir nahe beim Kunden sind und wissen, was die Industrie möchte. Wir müssen verstehen, wo unsere Kundinnen und Kunden hinmöchten und auf ihre Bedürfnisse eingehen. Wir freuen uns sehr, konnten wir im letzten Jahr unsere Besucherzahlen steigern und allein in Basel knapp 700’000 Gäste empfangen. Dies zeigt mir, dass wir ein Angebot haben, das dem Marktbedürfnis entspricht. Mit unserer Initiative «MesseQuartier» haben wir auch ein Angebot für die breite Bevölkerung geschaffen. Da sind zum einen das Bambusnest und der Winter Market in der Rundhofhalle sowie das Padelwerk oder die Langzeitausstellungen wie Jurassic World in der Halle 1. Auch auf dem Messeplatz bieten wir vermehrt ein Angebot, das zum Verweilen einlädt.
Das Messe-Quartier Basel wird zum Eurovision Village. Ihr Anspruch ist es die Stadt als weltoffene Gastgeberin zu präsentieren. Können Sie hier schon etwas verraten?
Wir freuen uns natürlich riesig, dass Basel den Zuschlag für den Eurovision Song Contest erhalten hat und dass wir als MCH eine wichtige Rolle in der Unterstützung der Host City übernehmen dürfen. So findet bei uns im MesseQuartier beispielsweise am Wochenende der Euroclub statt und für die Host City organisieren wir das Eurovision Village. Ich bin überzeugt, dass der ESC 2025 die perfekte Gelegenheit ist, ein Millionenpublikum zu begeistern und die zahlreichen Stärken von Basel und der trinationalen Region zu zeigen. In keiner anderen Schweizer Stadt ist man Europa so nah wie hier. Unter dem Motto «Crossing Borders» wird der ESC die Offenheit und das alltägliche Miteinander verschiedener Sprachen, Kulturen und Lebensrealitäten, die die Region auszeichnet, in den Vordergrund stellen.
Und zuletzt noch eine persönliche Frage: Was schätzen Sie am meisten an der trinationalen Region um Basel?
Ich schätze die Weltoffenheit dieser Region. Basel hat einen besonderen Charme und eine beeindruckende internationale Ausstrahlung. Der ESC 2025 sowie die UEFA Women's Euro 2025 in Basel sind ideale Gelegenheiten für Basel, genau diese Stärken zu zeigen und sich als weltoffene Kulturstadt sowie als moderner und attraktiver Veranstaltungsort einem globalen Publikum zu präsentieren.
Herzlichen Dank für das Interview!