Regio-Interview

28 août 2024

Regio-Interview – Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch

Acht Fragen an Nationalratspräsident Eric Nussbaumer, Nationalrat des Kantons Basel-Landschaft 

Herr Nationalratspräsident, seit Anfang Dezember 2023 nehmen Sie die Präsidentschaft im Nationalrat wahr. Welche Aufgaben sind damit verbunden?

Die Leitung des Rates ist eine wichtige und die zentrale Aufgabe. Die zweite ist die Pflege der internationalen Beziehungen, in dem Sinne auch die Repräsentation des Parlamentes nach aussen.

Was war bisher Ihr Highlight?

Ich würde nichts als Highlight betiteln, denn alle Begegnungen sind sehr wichtig. In diesem Amt lerne ich die Vielfalt unseres Landes und unserer Bevölkerung nochmal neu kennen und das ist schön. Natürlich waren auch die Begegnungen mit internationalen Gästen sehr interessant, beispielsweise mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski, dem Parlamentspräsidenten Stefantschuk oder der Delegation aus China. Auch die Reise in die USA war spannend: Wir konnten das amerikanische Politsystem aus nächster Nähe sehen und die Aufgabe der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat besser verstehen. All das waren wichtige Ereignisse. 

In welchem Thema oder in welchen Belangen glauben Sie, konnten Sie einen positiven Impuls setzen während Ihrer Präsidentschaft? 

Ich glaube, es geht darum, dass man die Institution stärkt. Bis jetzt war die Ratsdiskussion fair und konstruktiv. Es gab wenige Entgleisungen, in diesem Sinne ist das positiv. Ich habe auch darauf geachtet, dass ich meinen politischen Standpunkt weiter vertreten darf: Die Schweiz braucht eine Lösung mit der Europäischen Union. Diese Botschaft konnte ich auch im Rahmen meiner jetzigen Aufgabe vertreten und aufzeigen, dass das wichtig ist. Im spezifischen Kontext konnte ich zudem die politische Bildung stärken. Das sind zwei wichtige Elemente, die ich nicht unter den Deckel kehren wollte. 

Sie gelten als «Europafreund». Wie blicken Sie auf die laufenden Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU? Sind Sie zuversichtlich, dass eine mehrheitsfähige Einigung erzielt werden kann?

Soweit ich das beurteilen kann – ein bisschen aus der Distanz – laufen die Verhandlungen gut. Wir haben sie sehr sorgfältig vorbereitet, indem wir ein gemeinsames Verständnis formuliert haben. Jetzt hat man das konkretisiert. In diesem Sinne hoffe ich immer noch sehr stark, dass die Verhandlungen dieses Jahr noch abgeschlossen werden können. Das Angebot der EU, das mit uns verhandelt wurde, ist ein einzigartiges Angebot für die Schweiz. Man sollte das nicht zu gering schätzen. Ich hoffe, dass man das Verständnis in der Öffentlichkeit noch verbessern kann, damit die über 140 Verträge, die wir mit der EU haben, ein wichtiges Standbein des schweizerischen Erfolgsmodells bleiben. Ich bin zuversichtlich, dass man das gewinnen kann, aber es ist kein Spaziergang.

Wie können die EU-Kritikerinnen und -Kritiker in der Gesellschaft überzeugt werden, diese Verhandlungen zu unterstützen? Was lief in der Vergangenheit vielleicht schlecht?

Es gibt natürlich Kritikerinnen und Kritiker, die berechtigte Kritik anbringen. Man muss nicht blind sein. Auch in der EU, genauso wie in der Schweizer Demokratie, läuft nicht alles einfach rund. Die Frage der Ungleichheit in der Gesellschaft ist etwas, das in vielen europäischen Ländern auch ein Thema ist. Da muss man miteinander nach Lösungen suchen. Aber es gibt natürlich auch Kritiker, die einfach Nein sagen, die gar keine Verbesserung der Beziehung mit der EU wollen. Wer ein hartes Nein hat, kann man kaum mit Argumenten überzeugen. Die anderen aber, die kann man sicher überzeugen. Und dafür setze ich mich ein.

Die Europäische Bewegung Schweiz, deren Präsident Sie sind, engagiert sich gemeinsam mit Operation Libero und weiteren Akteuren für die Europa-Initiative, für die zurzeit Unterschriften gesammelt wird. Was ist das Ziel der Initiative?

Das Ziel dieser Initiative ist, dass man auch eine Symboldimension einbringen kann. Die Initiative sagt, dass es in der Verfassung auch richtig wäre, zu sagen, ein Land mitten in Europa muss sein Verhältnis mit Europa und den europäischen Ländern geregelt haben. In diesem Sinne ist es auch ein symbolischer Diskurs. Aber man kann mit dieser Initiative alleine die Herausforderungen, die wir jetzt haben, in der Blockade mit der EU nicht lösen. Man muss die Probleme sorgfältig in jedem einzelnen Geschäft, in jedem einzelnen Sachbereich lösen.

Wie wichtig sind insbesondere die Beziehungen der Schweiz zur EU für den Kanton Basel-Landschaft und die Nordwestschweiz? Werden die Belange und Betroffenheit der Grenzregionen im Parlament und insbesondere im Nationalrat wahrgenommen? 

Wenn man es nüchtern betrachtet, ist die Schweiz selbst eigentlich eine ganz grosse Grenzregion. Man muss sich hier nichts vormachen.  Die Grenzregionen leben davon, dass vieles grenzüberschreitend funktioniert. Dass die Berufswelt grenzüberschreitend ist, die Beziehungswelt oder auch die Bildungseinrichtungen, die zum Teil grenzüberschreitend funktionieren. Das ist wichtig für die Schweiz und die Region Basel. Es wäre eine falsche Wahrnehmung zu meinen, dass wir mit einer Grenze oder mit Restriktionen beim Grenzübergang wieder ein besseres Leben generieren können.

Welches sind Ihre Wünsche für die restlichen Monate Ihrer Amtszeit als Nationalratspräsident?

Für den Rest der Amtszeit wünsche ich mir, dass wir weiterhin eine gute Diskussionskultur im Parlament pflegen können. Und dass wir es schaffen, die Politik, die wir machen, gut zu erklären.

Herzlichen Dank für das Interview!

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