Regio-Interview
20 décembre 2023
Regio-Interview - Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Gespräch
Zehn Fragen an Dr. Kathrin Amacker, Präsidentin der Regio Basiliensis, zum 60. Jubiläumsjahr der Regio Basiliensis
Das 60. Jubiläumsjahr der Regio Basiliensis neigt sich dem Ende zu. Auf was blickst Du gerne zurück in diesem Jahr? Was war Dein Highlight?
Mein Highlight war definitiv die Konferenz der Schweizer Grenzregionen im Oktober 2023. Die Konferenz mit mehr als 230 Teilnehmenden aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein und Österreich zeigte das Potenzial der Grenzregionen als Drehscheiben für die Beziehungen zu den Nachbarländern und zu Europa. Unser Ziel war es, einen nachhaltigen Impuls zum Thema Grenzregionen in einem schweizweiten Kontext zu geben und die verschiedenen Grenzregionen noch besser untereinander zu vernetzten. Der Erfahrungsaustausch eröffnete zahlreiche gemeinsame Anliegen und Prioritäten. Unser Engagement wurde sehr geschätzt und wir haben viele zustimmende Rückmeldungen erhalten, dass dieser Austausch fortgeführt wird. Nun gilt es, diese Nachhaltigkeit des Austauschs aufzubauen.
Es ist uns aber auch über das ganze Jahr gelungen, das Jubiläum immer wieder aufzunehmen, auch thematisch, und ein Bewusstsein für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu schaffen. Ich habe hierzu viele positive Rückmeldungen erhalten, was mich natürlich freut.
Solche Jubiläen bieten ja auch immer die Gelegenheit, um darüber nachzudenken, was man erreicht hat. Ist die Regio Basiliensis auf dem richtigen Weg? Welches Entwicklungspotenzial bietet sich?
Ich würde sagen, wir sind auf einem guten Weg. Wie schon angesprochen, ist ein wichtiger Teil unserer Aufgabe auch, das Bewusstsein und das Verständnis für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu stärken. Uns wurde von mehreren Seiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft signalisiert, dass unser Engagement geschätzt wird. Gerade die Coronapandemie hat gezeigt, dass die offenen Grenzen nicht selbstverständlich sind und es ein unnachgiebiges Engagement benötigt.
Im Kontext der Zeitenwende in Europa wurden die Schwerpunktthemen der Regio Basiliensis, festgehalten in der Trinationalen Pendenzenliste, im Austausch mit Mitgliedern und Partnern erneuert und angepasst. Dies wird uns in den kommenden Jahren zeigen, in welchen Themenbereichen es noch mehr Engagement benötigt. Wir hoffen auch in Zukunft, die Interessen und Bedürfnisse aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Bevölkerung aufnehmen zu können und im Dreiland zu spiegeln.
Was nimmst Du für die Regio Basiliensis und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit aus dem Jubiläumsjahr mit?
Ich persönlich nehme mit, dass die guten Kontakte über die Grenzen vieles vereinfachen. Daran hat die Regio Basiliensis gearbeitet und sie wird dieses Netzwerk auch weiterhin aktiv pflegen. Davon profitieren alle.
Wo werden zukünftig und nach diese Jubiläum die Schwerpunkte der Regio Basiliensis liegen?
Unsere neu aufgelegte Trinationale Pendenzenliste wird uns die nächsten Jahre begleiten. Mit den darin enthaltenen Handlungsempfehlungen und Forderungen für eine nachhaltige Weiterentwicklung der Grenzregion am Oberrhein wenden wir uns an Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Seit der letzten Neuauflage 2019 konnten Fortschritte insbesondere in den Bereichen der Mobilität und der Zusammenarbeit der Hochschulen erzielt werden. Gesundheitskooperation und Katastrophenvorsoge sind weiterhin ein Thema. Die Bereiche Nachhaltigkeit, Resilienz und Energie haben an Bedeutung gewonnen. Auch bleibt der Miteinbezug der Jugend in die Kooperation weiterhin ein Anliegen mit hoher Priorität. Aufgrund der Coronapandemie ist das Thema durchlässige Grenzen auch in Krisensituationen neu auf die politische Agenda gesetzt worden.
Erstmals fand im Jubiläumsjahr auf Initiative und Einladung der Regio Basiliensis die Konferenz der Schweizer Grenzregionen statt, mit dem Ziel, die Grenzregionen noch mehr zu vernetzen und von den gegenseitigen Erfahrungen zu profitieren. Welche Gelegenheiten und Möglichkeiten bietet ein solcher Austausch der Grenzregionen und welchen Stellenwert sollte er in der Schweizer Politiklandschaft haben?
Für eine gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Schweiz mit ihren Nachbarregionen und Nachbarländern kommt es wesentlich darauf an, dass sich die verschiedenen Ebenen und Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik austauschen und koordinieren. Das ist ein lang gehegtes Bedürfnis und ein Anliegen, das sich gerade in der Zeit der Coronapandemie besonders gezeigt hat. Allerdings geschieht dieser Austausch vor allem auch im Rahmen der einzelnen Grenzregionen, aber nicht zwischen den Grenzregionen. Der Erfahrungsaustausch an der Konferenz eröffnete zahlreiche gemeinsame Anliegen und Prioritäten und würde ein koordiniertes Vorgehen der Grenzregionen in Zukunft ermöglichen, um gemeinsame Lösungen für die gleichen Probleme zu finden oder gemeinsam Chancen zu nutzen. Die Grenzregionen sind zudem für die Beziehungen zu unserem europäischen Ausland wichtige Akteure, die zu guten Lösungen auf nationaler Ebene beitragen können. 15 der 26 Kantone gehören zu einer Grenzregion – eine Koordination lohnt sich also allemal.
Welches Thema liegt Dir in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit besonders am Herzen? Welches ist besonders dringend?
Nach wie vor ist eines der dringendsten Themen sicherlich die Beziehung der Schweiz zur EU. Mit der Ankündigung des Bundesrates am 15. Dezember 2023, den Entwurf für ein Verhandlungsmandat mit der EU in die Konsultation zu geben und Verhandlungen zu beginnen, sobald das Mandat nach der Konsultation des Parlaments und der Kantone verabschiedet worden ist, sind wir hier einen wichtigen Schritt weiter. Dies wird uns 2024 sicherlich noch intensiv beschäftigen. Für die Regio Basiliensis ist schon lange klar, dass stabile Rahmenbedingungen und gute Beziehungen zur EU für die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Bevölkerung der Nordwestschweiz unerlässlich sind.
Kann die grenzüberschreitende Kooperation einen Effekt auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union haben?
Absolut! Natürlich müssen im Endeffekt die nationalen Ebenen die nächsten Schritte in der Entwicklung dieser Beziehungen ausarbeiten und entscheiden. Aber die Grenzregionen können einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis auf beiden Seiten für die aktuelle Situation in den bilateralen Beziehungen Schweiz-EU leisten und zur Lösung beitragen. Auf regionaler Ebene finden die europäischen Themen grenzüberschreitend im Alltag statt, es werden pragmatische Lösungen gesucht und konkrete Projekte realisiert. Diese Regionen sind Botschafter und Multiplikatoren für gute nachbarschaftliche Beziehungen.
Hast Du Wünsche an und für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit?
Ich hoffe, dass wir auch noch in 60 Jahren von der Selbstverständlichkeit offener Grenzen profitieren können.
Welcher Slogan fasst aus Deiner Sicht das Potenzial der grenzüberschreitenden Kooperation zusammen?
Da fällt mir natürlich gleich der Slogan der Regio Basiliensis ein: «Grenzen verbinden – frontières unissent ! »
Was verbindet Dich persönlich mit der Dreiländerregion am Oberrhein?
Der Dreilandgedanke widerspiegelt sich in meiner Familiengeschichte. Ich habe das Bürgerrecht von Basel-Stadt, meine Familienpapiere liegen aber im deutschen Bad-Bellingen. Mein Urgrossvater ist durch die Kriegswirren in Europa über Frankreich in die Romandie gelangt und hat dort geheiratet, bevor er und seine Frau nach Basel kamen. So schloss sich der Kreis wieder.
Herzlichen Dank für das Interview!