Point de vue Regio

30 avril 2025 / Point de vue Regio Nr. 41

Sparmassnahmen des Bundes gefährden die grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Als eine der Massnahmen des Entlastungspakets 27 will der Bund den Fonds für Regionalentwicklung nicht weiter alimentieren. Damit können die erfolgreichen Wirtschaftsförderprogramme in den Regionen mittel- und langfristig nicht mehr weitergeführt werden. Auch würde dies den Rückzug des Bundes aus den Interreg-Programmen bedeuten. Diese sind wichtige Pfeiler der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der Rückzug des Bundes wäre ein schlechtes Zeichen an unsere europäischen Partner.

Das EU-Förderprogramm zur Regionalentwicklung Interreg gibt es seit 1990. Die Schweiz beteiligte sich zunächst nur über die Kantone, seit 1994 auf eigenes Bestreben auch mit Bundesbeteiligung. Seit 2008 geschieht diese über die Neue Regionalpolitik (NRP). Mit der NRP investiert der Bund zusammen mit den Kantonen in innovative Köpfe und Unternehmen, die ländliche Regionen und Berggebiete sowie Grenzregionen als Wirtschafts-, Lebens- und Erholungsräume attraktiv gestalten und nachhaltig weiterentwickeln wollen. Im Vordergrund stehen die Innovationsförderung, der Strukturwandel im Tourismus und die digitale Transformation der Wirtschaft. Nun möchte der Bund im Rahmen seiner Sparmassnahmen auf die weitere Alimentierung des NRP-Fonds verzichten. Mittel- und langfristig würde dies bedeuten, dass der Fonds nicht weitergeführt und somit die Beteiligung des Bundes an den Interreg-Programmen auslaufen würde. 

Die Interreg-Programme sind für die Beziehungen zu den Nachbarstaaten und -regionen sehr wichtig – insbesondere auch für unsere zusammengewachsene Region am Oberrhein. Es gibt kaum gleichwertige Programme für grenzüberschreitende Projekte. Eine Verminderung oder gar Streichung der Beiträge an das Programm Interreg Oberrhein wäre sowohl für die Grenzregion Nordwestschweiz wie auch für unsere in engem Austausch stehenden Partner am Oberrhein ein bedeutender Verlust. Die hervorragenden Beziehungen mit unseren Nachbarregionen – auch dank Interreg-Projekten – würden stark darunter leiden und in der Folge die Zusammenarbeit im Lebens- und Wirtschaftsalltag erschweren. 

Unnötige Bürde für Beziehungen Schweiz-EU

Der vorgeschlagene Verzicht der Beteiligung am  NRP-Fonds und der damit verbundene Rückzug aus den Interreg-Programmen bedeutet für das Verhältnis Schweiz-EU einen nachhaltigen Rückschlag. Er steht im diametralen Gegensatz zu den aktuellen Bemühungen und laufenden Diskussionen, die bilaterale Zusammenarbeit auf ein neues gemeinsames Fundament zu stellen. Dabei hält sich die finanzielle Beteiligung des Bundes im Vergleich mit der EU und den Nachbarstaaten in Grenzen: Allein beim Programm Oberrhein investiert die EU in der Programmphase VI (2021–2027) 126 Mio. Euro. Der Beitrag des Bundes beläuft sich auf 8.2 Mio. Franken für sieben Jahre und jener der beteiligten Kantone auf ebenso viel. Die Schweizer Beträge sind im Vergleich zum aussenpolitischen Reputationsschaden, der durch die Aufgabe des Bundes an Interreg entsteht, überschaubar. 

Interreg als Hebel für nachhaltige, kohärente, prosperierende Grenzregionen

Interreg-Projekte entsprechen einem Bedürfnis der regionalen Wirtschaft, der Wissenschaft und der Bevölkerung dies- und jenseits der Grenzen. Gerade an der EU-Aussengrenze ermöglicht Interreg die Umsetzung von Vorhaben, welche bestehende Hürden senken und das Zusammenleben über Grenzen vereinfachen. Als beispielhafte Projekte hervorzuheben sind die seit 1993 von Interreg angestossene Informations- und Beratungsstelle INFOBEST als Anlaufstelle für Unternehmen, Verwaltungen und die Bevölkerung zu grenzüberschreitenden Fragestellungen oder das trinationale Kompetenzzentrum im Gesundheitsbereich TRISAN. Interreg ermöglicht zudem die gemeinsame, grenzüberschreitende Bearbeitung von zyklischen und strukturellen Herausforderungen, die über den kantonalen und nationalen Rahmen hinausgehen. Ein aktuelles Projekt befasst sich beispielsweise mit gemeinsamen Anpassungsstrategien der oberrheinischen Häfen an den Klimawandel und den damit einhergehenden Wetterextremereignisse wie Hochwasser oder Trockenheit.

Durch den grenzbedingt eingeschränkten Blickwinkel und die damit verbundenen Wettbewerbsnachteile erscheint eine Anschubfinanzierung für Projekte, die darauf abzielen, einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit oder der Wertschöpfung in der Region zu leisten, auch in Zukunft gerechtfertigt. Umso mehr, als dass die Regionen untereinander in einem immer raueren Standortwettbewerb um die besten Talente und Ideen stehen. Die NRP verfügt – etwa im Gegensatz zum Nationalen Finanzausgleich – über einen Innovations- und Impulscharakter sowie den Aspekt der kohärenten Raumentwicklung. 

Das europäische Förderprogramm Interreg Oberrhein und die Schweizer Beteiligung daran im Rahmen der NRP sind sodann entscheidende Impulsgeber für eine ausgewogene wirtschaftliche, soziale, kulturelle und ökologische Entwicklung in unserer Grenzregion. Zudem dient eine ausgeglichene wirtschaftliche Entwicklung der nationalen sowie regionalen Kohäsion.

Auswirkungen auf die kommende Programmperiode Interreg VII

Inzwischen haben die Vorbereitungen des mehrjährigen EU-Finanzrahmens 2028–2034 und Überlegungen der Europäischen Kommission hinsichtlich einer Reform der EU-Förderpolitik begonnen. Angesichts des geplanten Entlastungspakets 27 des Bundes, welches einen perspektivischen Rückzug des Bundes aus der NRP und somit aus Interreg ab 2032 zur Folge hätte, stellt sich auch die Frage der Zukunft des Programms Interreg Oberrhein. Die regionalen Programmpartner haben unisono und wiederholt zu erkennen gegeben, dass das Programm auch nach 2027 mit einer guten finanziellen Ausstattung fortbestehen soll. In diesem Sinn haben sie sich in die Vernehmlassung des Bundes eingebracht. Nur mit einer fortgesetzten Bundesbeteiligung können die geplanten Vorhaben umgesetzt und die gemeinsamen Herausforderungen auch in Zukunft erfolgreich durch die Akteure am Oberrhein angepackt werden. Es braucht Planungssicherheit bis ins Jahr 2034 für die Nordwestschweiz und für die deutschen und französischen Programmpartner bei der bald beginnenden Ausgestaltung des Folgeprogramms ab 2028. Eine temporäre Reduzierung der Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung scheint gerechtfertigt. Ein definitiver Verzicht aber schafft das wertvolle Instrument langfristig ab und schiesst in vielerlei Hinsicht weit über das Ziel hinaus.

Stellungnahme der Regio Basiliensis zum Entlastungspaket 27

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